Offenburger Tageblatt - 05.10.2007
»Gänsehaut« bei den Zuhörern
von Rosa Harmuth
Musikverein Ebersweier begeisterte mit seinem ersten Kirchenkonzert nach 28 Jahren / Standing Ovations
© Gerhard Harmuth
Der Musikverein Ebersweier hat am Sonntag mit dem Dirigenten Mathias Katzmann ein bewegendes Konzert geboten. Rund 200 Zuhörer belohnten das gefühlvolle Zusammenspiel von Solisten und Gesamtorchester mit Riesenapplaus und stehenden Ehrenbezeugungen.
05.10.2007 - Durbach-Ebersweier. Während des Angelus-Läutens um 19 Uhr zogen mehr als 40 Instrumentalisten in die Kirche ein. Der 400 Kilogramm schwere Bronze-Altar war für die Aufführung zur Seite geschoben worden. Einige Podeste schufen Platz für das große Orchester im Chorraum. Im spärlich beleuchteten Kirchenschiff verbreiteten Kerzen heimelige Stimmung bei einsetzender Dämmerung.
Der Vorsitzende des Musikvereins, Alexander Kuderer, lud in seiner kurzen Begrüßungsrede zum Träumen und Verweilen ein. »Fühlen Sie sich im Gotteslob verbunden mit Menschen auf der ganzen Erde«, sagte er. Das Konzert begann mit »Raise of the Son« von Rossano Galante. Kräftige fanfarenähnliche Klänge und melodisch-fließende Sequenzen wechselten sich ab. Auferstehung und Sonnenaufgang fanden im dramatischen Anschwellen der Musik ihren Ausdruck. Hans Peter Huber setzte mit nachdenklich stimmenden Texten geistliche Impulse zwischen den einzelnen Musikstücken.
Das »Gebet für den Frieden« klang in der Vertonung von John Williams tieftraurig. Hier verbanden sich die Klänge leisen Glockenspiels mit klagenden Klarinetten, sanfter Oboe und tiefen Bässen. Das Stück vermittelte die Eindringlichkeit eines Stoßgebets in höchster Not. Trost kam aus den Worten des Psalms 139: »Herr Du kennst mich, ...Du verstehst meine Gedanken von fern...«.
Extreme Ausdauer
Simone Vogt erreichte mit faszinierenden Soloimprovisationen an der Klarinette höchste Aufmerksamkeit der Zuhörer. Sie wurde zur tragenden Figur in »Celtic Concertino« von Bruce Fraser. Vor allem der schnelle rhythmische Tanz im 6/8-Takt bewies die extreme Ausdauer und Fingerfertigkeit der Klarinettistin. Gefeiert wurde auch die enorme Leistung von Martin Rohrer (Posaune), Christof Falk (Trompete), Inga Rohweder (Oboe) und Frank Starp (Fagott). »Persönlicher Favorit« von Dirigent Mathias Katzmann war »October« von Eric Whitacre. Durch den immensen Harmonien-Reichtum und außergewöhnliche Klangbilder entstehe eine sehr dichte, geheimnisvolle Atmosphäre, sagte Katzmann nach der Aufführung. Er äußerte sich beeindruckt von der Ausdruckskraft des Gesamtorchesters. »Die Musiker haben meine hohen Erwartungen erfüllt«, freute sich der Dirigent, »ich fühlte mich während der Aufführung sehr mit ihnen verbunden.«
Das große Orchester glänzte durch hervorragende Harmonie. Die Instrumentalisten inszenierten meisterhaft die erstaunliche Vielfalt der Blasmusik. Sie präsentierten liedhafte und pastorale Melodien ebenso technisch versiert wie den Rhythmus irischer Volksmusik. Eine Bearbeitung von »Amazing Grace« im Gospel-/Dixie-Stil erzeugte gegen Ende des fast eineinhalbstündigen Konzerts leichte Unruhe. Die siebenjährige Lena störte das nicht. Sie war im Arm ihres Vaters eingeschlafen.
»Genussvoller Abend«
Mit anhaltend stürmischem Applaus und stehenden Ovationen forderte das Publikum zwei Zugaben. Zum Schluss wurde die Choralfassung von Amazing Graze vorgetragen. Familie Kempf aus Schutterwald lobte die gute Akustik in der Kirche. Mesnerin Angela Kuderer sagte: »So ein schönes Konzert sollte zwei Mal aufgeführt werden!« Und Margot Schmid aus Bad-Rippoldsau sprach von »Gänsehautgefühl« an diesem »genussvollen Abend«.